Züchter haften in der Regel nicht für genetische Defekte
Das Landgericht Mosbach hat in einem Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren mit Beschluss vom 01.10.2007, AZ.: 1 T 45/07, einige für Tierzüchter interessante und beruhigende Feststellungen getroffen. Der Antragstellerin – einer Hundekäuferin, die Ansprüche u.a. wegen einer Hüftgelenksdysplasie (HD) gegen die Züchterin geltend machen wollte – wurde die Prozesskostenhilfe verweigert, da die Klage keinerlei Aussicht auf Erfolg habe.
Die Antragsstellerin erwarb bei der Antragsgegnerin aufgrund Kaufvertrages vom 28.4.2006 einen Welpen. Eine am 22.4.2006 durchgeführte tierärztliche Untersuchung ergab keine Hinweise auf eine Erkrankung des Tieres. Am 28.7.2006 wurde bei dem Rüden eine Ellenbogengelenksdysplasie (ED), eine HD sowie Kryptorchismus (Einhodigkeit) diagnostiziert. Die Antragsstellerin forderte die Antragsgegnerin daraufhin erfolglos unter Fristsetzung zur Übernahme der Behandlungskosten auf. Das Anerbieten der Antragsgegnerin, den Hund zurückzunehmen, lehnte die Antragstellerin ab. Die ED wurde in der Folge operativ behandelt, wodurch der Antragstellerin Kosten in Höhe von 2.097,96 EUR sowie Anwaltskosten in Höhe von 120,34 EUR entstanden.
Das Landgericht stellte fest, dass die beabsichtigte Klage auf Zahlung bislang entstandener, von der Antragsgegnerin ersparter Mangelbeseitigungskosten sowie Feststellung der Verpflichtung zur Tragung zukünftiger Behandlungskosten sowie Rechtsanwaltsgebühren keine Aussicht auf Erfolg hat. Über die Frage, ob eine Kaufpreisminderung berechtigt ist, war hier allerdings nicht zu entscheiden.
Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin kein Nacherfüllungsanspruch zu. Die Antragsgegnerin ist wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung weder zur Mangelbeseitigung noch zur Nachlieferung einer mangelfreien Sache verpflichtet. Auch ein Schadensersatzanspruch steht der Antragstellerin nicht zu.
Die Beseitigung der genetisch bedingten Defekte, die als Ursachen von Erkrankungen wie HD, Skelettfehlern, Entropium oder Kryptorchismus zu betrachten sind, ist der Antragsgegnerin unmöglich. Denn auch wenn ein Tier aktuell beschwerdefrei sein sollte, kann es durch die operative Behandlung nicht in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt werden. Vielmehr ist der Gendefekt trotz des Eingriffs nach wie vor vorhanden und operativ nicht bzw. nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand zu beseitigen. Darüber hinaus stellt die Operation einen gravierenden Eingriff dar, wodurch der Sachmangel nicht ersetzt, sondern durch andere Risiken erkauft worden ist. Maßnahmen aber, die den körperlichen Defekt eines Tieres nicht folgenlos beseitigen können, sondern andere, regelmäßig zu korrigierende Risiken erst selbst hervorrufen, sind nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu einer nachhaltigen Mangelbeseitigung geeignet.
Die Lieferung einer mangelfreien Sache ist der Antragsgegnerin nicht möglich, wenn die Lieferung eines anderen Tieres aufgrund der mittlerweile zu dem Tier hergestellten Bindung für die Antragstellerin nicht in Betracht kommt, so das der Verkäufer dann seine Verpflichtung zur Lieferung eines mangelfreien Tieres nicht erfüllen kann und er von der Nacherfüllung frei wird.
Der Käufer kann die geltend gemachten Tierarztkosten auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch stützen. Dieser setzt voraus, dass der Verkäufer schuldhaft im Hinblick auf das Vorhandensein einer genetischen Störung bei Übergabe des Tieres gehandelt hätte. Zwar wird ein Verschulden grundsätzlich vermutet, anders liegt dies jedoch bei genetischen Störungen. Selbst wenn Geschwister des verkauften Tieres ebenfalls erkrankt wären, besagt das noch nichts dafür, dass der Verkäufer bereits zuvor Kenntnis von einer erblichen Störung des Tieres gehabt hätte bzw. dies hätte erkennen können und müssen.
Eine Rechtsschutzversicherung hilft hier oftmals nicht weiter, da die Versicherung unternehmerischer Tätigkeit sehr teuer ist und die Versicherung vor Schadenseintritt abgeschlossen worden sein müsste. Daher sollte man sich nach Möglichkeit außergerichtlich, zum Beispiel im Rahmen einer Mediation oder Schlichtung einigen. Rechtsanwälte können auch diese billigeren Verfahren begleiten und die jeweilige Partei beraten.
Besteht jedoch Kostenschutz durch eine Rechtsschutzversicherung, übernimmt diese die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist. Im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren findet eine Kostenerstattung zudem nicht statt.